Ungenügend beachtet

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Rezension: Der Antifeminismus der AfD

Eine Vielzahl von Büchern zur AfD ist in den letzten Monaten erschienen. Da Antifeminismus eines der meist zu wenig beachteten Kernthemen der parteipolitischen Ausrichtung der AfD ist, sind wir gezielt der Frage nachgegangen, wie der Antifeminismus der AfD in den Publikationen über die Partei behandelt wird. Das Fazit: Er ist eher eine Randbemerkung.

Um sich einen Überblick zu verschaffen, bieten die beiden ähnlich strukturierten Bücher von Sebastian Friedrich und Gerd Wiegel kompakte Darstellungen der Geschichte und Programmatik der AfD. Auch geben sie Anstöße für Interventionen aus linker Perspektive. Friedrich liefert in dem kleinen, klar formulierten Buch »Die AfD« (2017) Erklärungsansätze für den Parteierfolg, den er in vier Krisen begründet sieht: Der Krise des Konservatismus, der Repräsentationskrise, der Krise des Kapitals und der Krise des Sozialen. Und er ergänzt zum Ende hin eine fünfte Krise: Die der Linken und ihrer fehlenden Antworten auf die soziale Frage. Der Antifeminismus der AfD taucht dabei immer mal als Beispiel für konservative Politik auf. In »Der aufhaltsame Aufstieg« (2017) stellt Gerd Wiegel das antifeministische Familien- und Geschlechterbild als eines von fünf zentralen Elementen der AfD-Ausrichtung vor. Im restlichen Buch tritt das Thema allerdings wieder in den Hintergrund.

Wie der Titel »Die AfD und die soziale Frage. Zwischen Marktradikalismus und ‚völkischem Antikapitalismus‘« bereits verrät, liegt der Schwerpunkt der Arbeit von Stefan Dietl ebenfalls auf der kritischen Analyse der sozial- und wirtschaftspolitischen Forderungen der AfD. Im Kapitel »Die Partei der ‚gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit‘« benennt Dietl den Familismus der AfD als Ausdruck einer »völkisch-reaktionären Familienpolitik, die mit einem ausgeprägten Antifeminismus und einem zutiefst homophoben Weltbild einhergeht«. Dietl belegt seine deutliche Kritik mit einigen einleuchtenden Beispielen, im Verhältnis von vier zu 168 Seiten bleibt es jedoch auch hier leider ein Randthema.

Eine andere Ausrichtung hat das Buch »Ist die AfD zu stoppen?« der Journalistin Charlotte Theile (2017). Die Schweiz-Korrespondentin vergleicht die Schweizerische Volkspartei (SVP) mit der AfD. Das anschaulich geschriebene Werk erklärt das positive Schweizbild der extremen Rechten, die Entwicklungen der beiden Parteien und die Rolle der Medien.Theile zeigt auf, wo Gegenstrategien ansetzen können: Den Schweizer Demokrat*innen wirft sie vor, zu lasch mit der SVP umgegangen zu sein und fordert klare Worte: »Es ist wichtig, dass man Rassismus Rassismus nennt.« Der Antifeminismus beider Parteien findet jedoch keine gesonderte Betrachtung.

Eine sprachliche Analyse des Parteiprogrammes versucht Jürgen Beetz in dem schmalen Buch »Auffällig feines deutsch«. 26 Begriffe aus dem Parteiprogramm werden vom Autor »mit gesundem Menschenverstand« kommentiert. Die Auswahl und Gewichtung bleibt jedoch unbegründet: So arbeitet er zentrale Themen wie Integration und Islam auf je zwei Seiten ab, dem Klimawandel widmet er dagegen ganze zehn Seiten. Auch die Begriffe Gender-Ideologie und Frühsexualisierung werden von Beetz besprochen. Seine Ausführungen sind jedoch unstrukturiert und es fehlt an einer Einordnung und klaren Analyse.

Wissenschaftliche Analysen finden sich dagegen im von Alexander Häusler herausgegebenen Band mit dem schlichten Titel »Alternative für Deutschland« aus dem Jahr 2016. In 14 Artikeln werden verschiedene Facetten der AfD und ihrer Programmatik analysiert. Angefangen bei einer parteipolitischen Einordnung werden die Außenpolitik, die Ausrichtung zu Familien- und Geschlechterfragen, Islam- bzw. Muslimfeindlichkeit sowie Schnittmengen mit neurechten Akteuren besprochen. Im Kapitel zur Familien- und Geschlechterpolitik geht Jasmin Siri auf die allgemeinen Positionierungen zu Geschlecht- und Familie ein, Andreas Kemper beleuchtet antifeministische Netzwerke und Ulli Jentsch informiert zu »Lebensschützern«. Als einziges der besprochenen Bücher wird hier der Antifeminismus der AfD explizit und umfangreich in den Blick genommen. Die anderen Publikationen erkennen das Familien- und Geschlechterbild zwar als wichtige Säule der Parteinorm an, an einer intensiveren Analyse mangelt es jedoch bisher noch.

 

Svenna Berger

 

  • Sebastian Friedrich: Die AfD. Analysen – Hintergründe – Kontoversen. Bertz-Fischer. 168 Seiten, März 2017, 7,90 Euro.
  • Gerd Wiegel: Der aufhaltsame Aufstieg. Alternative zu A f D & Co. Papy Rossa, 126 Seiten, Juni 2017, 12,90 Euro.
  • Stefan Dietl: Die AfD und die soziale Frage. Zwischen Marktradikalismus und „völkischem Antikapitalismus“. Unrast-Verlag. 168 Seiten, Juli 2017, 14,00 Euro.
  • Charlotte Theile: Ist die AfD zu stoppen? Die Schweiz als Vorbild der neuen Rechten. Rotpunktverlag, 192 Seiten, Juni 2017, 16,00 Euro.
  • Jürgen Beetz: Auffällig feines deutsch. Verborgene Schlüsselwörter eines Parteiprogrammes. Alibri, 145 Seiten, März 2017, 10,00 Euro.
  • Alexander Häusler (Hrsg.): Die Alternative für Deutschland. Programmatik, Entwicklung und politische Verortung. Springer VS, 245 Seiten, März 2016, 39,99 Euro.