Rechte Männerbilder – Teil 2

Die (extreme) Rechte ist männlich geprägt, männlich dominiert, männerbündisch organisiert. Doch keine rechte Partei fordert in ihrem Programm eine offensive männliche Dominanz oder gar Herrschaft. In keiner rechten Publikation wird das Patriarchat explizit verteidigt. Rechte Männer (und Frauen) halten es versteckt am Laufen und wollen es restaurieren. Wie, das untersucht diese sechste Ausgabe der magazine.

von Kilian Behrens, Vera Henßler, Frank Metzger, Patrick Schwarz, Eike Sanders und Luis Winterfeldt

Teil 1 des Artikels »Rechte Männerbilder« ist hier nachzulesen. Der gesamte Artikel ist auch als pdf abrufbar. Der Artikel erscheint im Rahmen der apabiz-Publikationsreihe magazine. Diese nimmt rechte Periodika unter die Lupe, beleuchtet zentrale Diskurse und schafft damit eine Grundlage für die argumentative Auseinandersetzung.

Der weiße Mann und die Anderen

In allen behandelten Periodika herrscht ein recht ähnliches, durch Rassismus geprägtes Bild nicht-weißer Männer vor. Das ist für die Definition der eigenen weißen Männlichkeit wichtig, da diese sich nicht nur aus der Abgrenzung gegenüber Frauen, Queers und marginalisierten Männlichkeiten, sondern auch aus der rassistischen Abgrenzung von »den Anderen« ergibt. Zentral sind dabei Passagen, die (sexualisierte) Gewalt »ethnisieren« und nur diesen »anderen Männern« zuschreiben. So wird sexualisierte Gewalt und Kriminalität ausgelagert und zwischen guter Wehrhaftigkeit auf der einen und feiger Gewalt auf der anderen Seite unterschieden. Auch dieser Diskurs findet seine Entsprechung immer wieder auf der Straße, etwa bei den rechten Demonstrationen unter dem Motto »Kandel ist überall«, die 2018 auf die Ermordung der 15-jährigen Mia durch ihren Ex-Freund, einen jungen Geflüchteten, folgten.

Die Zuerst! stellt nicht-weiße Männlichkeiten als große Gefahr dar. In Artikeln zu Flucht/Asyl/Integration sind kaum Projektionen von Männern aus afrikanischen und arabischen Ländern zu finden, die nicht eng mit den Diskursen um – vor allem sexualisierte – Gewalt und Sicherheit im öffentlichen Raum verknüpft sind. Es wird vor den hauptsächlich jungen Männern unter den Geflüchteten gewarnt, die als »Invasoren« bezeichnet werden.

Die Junge Freiheit, die vielfach über den Mord in Kandel und ähnlich rassistisch kontextualisierbare Fälle berichtete, hat mit der jungen Autorin Laila Mirzo (51/2019) eine Gastautorin gefunden, die in Deutschland lebt, aber in Damaskus geboren wurde und somit vermeintlich besonders authentisch aus einer weiblichen Perspektive den Islam als eine »gewaltaffine Religion« kritisieren kann. Sie unterstellt, dass auf unseren Schulhöfen eine deutsche »gesunde Männlichkeit« sanktioniert würde, weshalb dieser »weichgespülten« Gesellschaft die »Wehrhaftigkeit« abhanden gekommen sei. Die Feinde dieser Gesellschaft wiederum könnten diese Schwäche ausnutzen, sie kämen meist aus »patriarchalisch geführten« Familien, »draußen gilt das Recht des Stärkeren«. Mirzo beklagt mit Rückgriff auf verkürzt interpretierte Kriminalstatistiken, dass verharmlosend nur von »Einzelfällen« die Rede sei. Das Problem sei aber »eine kritische Masse gewaltbereiter junger Männer«: »Wir stehen an der Schwelle zu einer religiösen und kulturellen ›Intifada‹ einem Aufstand der Zornigen, und die Gewalt wird an jede Tür klopfen.« Birgit Kelle (36/2018) betont die geschlechtsspezifische Komponente und verortet wie die gesamte extreme Rechte patriarchale Gewalt wie in Kandel ausschließlich bei »moslemischen« Männern: »Gemeinsame Nenner sind Männer mit ausländischen Wurzeln, die ihre vermeintliche ›Ehre‹ gekränkt sehen und mittelalterliche Tatwerkzeuge: Beile, Messer, Macheten. […] Während man bei uns die Scheidung einreicht oder die Koffer vor die Türe stellt, lösen diese Herren das lieber sofort. Und final.«

Auch in der Arcadi wird dem ›guten‹, weißen, deutschen Mann der muslimische übergriffige ›Fremde‹ gegenüber gestellt, jedoch nimmt die Thematik verhältnismäßig wenig Raum ein und wird meist eher nebenbei erwähnt. Die Verknüpfung von Migration mit Gewalt wird dennoch deutlich. So wird in einem Artikel den Geflüchteten abgesprochen, dass es Fluchtgründe jenseits einer »islamistischen Agenda« gäbe. Die deutsche Migrationspolitik werde »in Strömen von Blut« enden, so die Überzeugung. (2/2019)

Männerbündelei

Neben der inhaltlichen Untersuchung der Männlichkeits- und Weiblichkeitsvorstellungen in den Magazinen können Geschlechterverhältnisse auch auf quantitativer Ebene analysiert werden: Die Zusammensetzung der Redaktionen hat eine Aussagekraft für deren Wahrnehmung von Geschlecht und umgekehrt: Bestimmte Vorstellungen von Geschlecht sorgen für ein bestimmtes Geschlechterverhältnis. Es überrascht wohl nicht, dass alle untersuchten Redaktionen personell, optisch und inhaltlich stark männerdominiert sind: Der Männerbund ist Normalität, Inszenierung und Ideal.

Die Zuerst! ist ein Männermagazin – für Männer und vor allem von Männern! Vom Vornamen auf die geschlechtliche Identität geschlossen gibt es unter den Redaktionsmitgliedern und Vielschreibenden, die für die umfangreichen Titelstories und einen Großteil der Artikel verantwortlich zeichnen, keine einzige Frau. Doch damit nicht genug: Überhaupt sind in den mittlerweile zehn Jahrgängen der Monatszeitschrift weibliche Namen nur nach langem Suchen und in absoluten Ausnahmen zu finden – und wenn nur als eine Mitschreibende von Gemeinschaftsartikeln. Interviewpartnerinnen gibt es häufiger. Chefredakteur Manuel Ochsenreiter pflegt darüber hinaus ausgiebig Männerfreundschaften: Er ist derjenige, der meist die Reportagen zu internationalen Themen schreibt und dafür Auslandsreisen antritt. Die Bebilderungen dieser Artikel zeigen die Treffen von Ochsenreiter mit seinen nahezu ausschließlich männlichen Gesprächspartnern – je nach Umstand als vertraute, kumpelhafte Gesprächsrunde oder aber als staatsmännisch-anmutendes respektvolles Händeschütteln.

Die in der Deutschen Stimme (DS) verwendete Bildsprache, insbesondere der NPD-Jugendorganisation JN, spricht Bände: So wird die Einladung zum JN-Europakongress 2018 mit einer heroisch anmutenden Männerbüste in Anlehnung an die altgriechische Skulpturkunst illustriert. Überhaupt haben die Fotos zur Illustration der JN-Artikel einen männerbündischen Charakter: Eine Gruppe Männer hinter einem Transparent (»Wir sind der Taktgeber der nationalen Jugendarbeit!«), eine Gruppe Männer, teilweise mit freiem Oberkörper, rangelnd auf einem Feld (»Erster Gemeinschaftstag der Jungen Nationalisten«), eine Gruppe Männer des nachts im Kreis mit brennenden Fackeln in der Hand (»Junge Nationalisten begehen bundesweit den Volkstrauertag«) – die JN ist eine Organisation von Männern für Männer, so die Botschaft. Komplementär zu dieser aktiven Männergemeinschaft bebildert die DS ihre Werbeanzeige mit einer adrett lächelnden jungen Frau, die ein DS-Werbeschild in der Hand hält.

Für die Junge Freiheit besuchte Harald Melzer eine Hamburger Studentenverbindung und freut sich über die höflichen zwölf jungen Männer mit Manieren und Werten, die dort im Gegensatz zur heutigen Zeit noch etwas bedeuteten: »Ehre, Freiheit, Freundschaft und Vaterland.« (21/2018) Wenn er die im Garten scherzenden Jungmänner beobachtet, akribisch ihren Kleidungs- und Umgangsstil (»Polohemden und Couleurband über der Brust«, »Höflichkeit und Manieren)« beschreibt, dann wird klar, dass hier eine Abgrenzung zur (heterosexuellen) Ehe stattfindet, die den Männerbund überhöht: »Jung und Alt im Lebensbund. Das ist der Markenkern, ein Leben lang« schwärmt Melzer und zitiert einen Alten Herren: »Wer den Zeitgeist heiratet, ist bald Witwer.« Diese Überhöhung des Männerbundes als kultur- und politikschaffende Elite erklärt den Wunsch nach Abgrenzung von allem Nicht-Männlichen, d.h. vor allem dem Weiblichen und dem queeren »Zeitgeist«.


Familien-, Renten- und Geschlechterpolitiken in den Parteiprogrammen

Im NPD-Parteiprogramm von 2013 finden sich Ausführungen zur Familien- sowie zur Rentenpolitik. Während »das Volk« als Grundlage des Staates gesehen wird, gilt der NPD die Familie als »Keimzelle des Volkes«, weshalb sie ein »intaktes Volk durch intakte Familien« fordert. Der Fokus liegt dabei auf Familien mit Vater und Mutter, jedoch sollten auch Alleinerziehende staatlich unterstützt werden. Gleichgeschlechtliche Partnerschaften seien ebenso wie nichtdeutsche Familien nicht förderungsfähig, wobei die NPD-Definition von deutsch nicht weiter ausgeführt wird. Ohne inhaltlich darauf einzugehen, lehnt die NPD die »naturwidrige Gender-Mainstreaming-Ideologie« ab. Die Partei plädiert dafür, dass die Kindererziehung in den ersten drei Lebensjahren hauptsächlich durch die Mutter erfolgt. Hierfür solle ein Müttergehalt geschaffen werden. Um der Altersarmut von Frauen entgegenzusteuern, wirbt die NPD für eine »existenzsichernde Grundrente« und die Einführung eines Kinderbonus, gestaffelt nach Kinderzahl, zusätzlich zur Rente. Die NPD spricht sich »gegen Schwangerschaftsabbrüche« aus.

Das AfD-Grundsatzprogramm aus dem Jahr 2016 hat in Fragen Familien- und Rentenpolitik eine ähnliche Stoßrichtung wie das NPD-Programm. Die Partei bekennt sich zur »traditionellen Familie als Leitbild« und fordert eine »Wertediskussion gegen die von Gender-Mainstreaming propagierte Stigmatisierung traditioneller Geschlechterrollen«. Weiterhin setzt sich die AfD für eine Steigerung der Geburtenrate ein, die seit über 40 Jahren unter dem »bestanderhaltenen Niveau« liege. Um dies zu erreichen schlägt die AfD u.a. vor, ein zinsloses Darlehen für Eltern zum Wohnerwerb zu ermöglichen und Mehrkindfamilien zu fördern. Die Bevorzugung außerhäuslicher Erziehung in den ersten drei Lebensjahren solle ebenso wie die Diskriminierung von Vollzeit-Müttern beendet werden. Unter der Überschrift »Mehr Kinder statt Masseneinwanderung« werden die familienpolitischen Maßnahmen explizit in Zusammenhang gebracht mit migrationspolitischen Forderungen. Kinderzahl und Erziehungsleistung will die AfD bei der Rentenpolitik mehr berücksichtigt wissen. Die AfD fordert kein restriktiveres Abtreibungsrecht sondern orientiert sich am Status quo der rechtlichen Regelung, garniert diesen aber mit moralischen Floskeln wie einer »Willkommenskultur für Neu-und Ungeborene«. Im Absatz zur Hochschulpolitik wendet sich die Partei gegen die Förderung der Gender Studies, die »naturgegebene Unterschiede zwischen den Geschlechtern« marginalisieren würden. »Quotenregelungen und eine Verunstaltung der deutschen Sprache sind zu stoppen.« Auch das Schlagwort »Frühsexualisierung« greift die AfD in ablehnender Weise auf. Für Männer wird eine Rückkehr zur Wehrpflicht propagiert, Frauen sollten auf Freiwilligkeitsbasis in den Streitkräften dienen dürfen.


Das Politikangebot

So wie Rechte sich Männlichkeiten, Weiblichkeiten und die Ausgrenzung aller Anderen vorstellen, stellt sich die Frage, wie sie das Ideal erreichen wollen. Welche Versprechen stehen hinter Heroismus und Hass? Welches konkrete Politikangebot leiten die Autor*innen aus ihren Ideal- und Horrorvorstellungen von Männlichkeit ab? Es bleibt vage: Auffällig ist, dass die männliche Versorgerrolle, von der wir annehmen können, dass sie die Norm und Normalität der Autor*innen darstellt, inhaltlich ungefüllt bleibt: Es gibt keine Tipps, wie der rechte Mann Beruf und Familie unter einen Hut bringen kann, wie er die angeblichen männlichen Tugenden trainieren könnte, wie er selbstbewusster mit Verlustängsten umgehen kann. Dies mag daran liegen, dass es eine Vorstellung von Männlichkeit (und komplementärer Weiblichkeit gibt), die als natürlich und rein angesehen wird. Es brauche demnach also keine Politiken und Strategien, diese Männlichkeit zu formen und zu stärken, es brauche alleinig die Bekämpfung der sie gefährdenden Faktoren: Die Abschaffung der Gender Studies, des Feminismus, der Geschlechterverwirrung, der bedrohlichen anderen Identitäten, der stärkeren Männer. Die einzig nötige Politik wäre eine, die der Natur zu ihrem Recht verhilft.

Ein selten expliziter, aber interessanter Weg wird in der Jungen Freiheit besprochen: Der Autor Thorsten Hinz beklagt die »Verlorene[n] soldatische[n] Tugenden« und wird ziemlich deutlich in seiner Problemanalyse sowie seinen Lösungsstrategien, indem er eine »postheroische Gesellschaft« diagnostiziert: »In ihr entfällt, was einstmals Tugenden genannt wurden: Ehrgefühl, Opferbereitschaft, Tapferkeit, Selbstlosigkeit, die Orientierung auf ein kollektives Gelingen sowie die Fähigkeit, sich nötigenfalls unterzuordnen und Disziplin zu halten. […] Träger dieses verflossenen heroischen Ethos war der Soldat als die organisierte und institutionalisierte Form der Männlichkeit.« (9/2018) Hinz kommt von der Unterminierung des Ethos durch Hedonismus, mangelndes Nationalbewusstsein und vor allem die Diversity- und Genderpolitik zu der Gefahr durch »kriegerische« Migranten und »vormoderne Barbaren« von Außen. Mit Bezug auf den US-amerikanischen Alt-Right-Maskulinisten Jack Donovan sieht Hinz den deutschen Mann als »von innen und außen in die Zange genommen« und somit die ganze Gesellschaft in Gefahr. »Bleibt vorerst nur der Versuch, die Lebenswelten zu separieren, um Zeit und Raum für die Besinnung auf einen neuen, zeitgemäßen Heroismus zu gewinnen.« Ob Hinz damit eine ethnische oder (auch) eine Geschlechterseparation meint, bleibt offen.