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Besondere Archivpost

Die Zuschriften, die regelmäßig im Briefkasten des apabiz landen, sind durchaus gewöhnungsbedürftig. Um so mehr freuen wir uns über Grußkarten. 2016 erreichte uns ein besonders schönes Exemplar.

Von Kilian Behrens

Der Gang zum Briefkasten gehört zu den täglichen Aufgaben im apabiz – soweit so gewöhnlich. Der Inhalt der Zuschriften ist jedoch durchaus gewöhnungsbedürftig. Da wäre zum Beispiel Post von Anwält*innen, die Neonazis oder andere Unsympath*innen vertreten. Es ist immer wieder erstaunlich, wie viele Nazis nicht Nazi genannt werden wollen. Besonders prädestiniert ist der Freitag für den Erhalt dieser Art von Post, die in der Regel mit einer möglichst kurzen Fristsetzung zur Löschung bestimmter Artikel oder Einträge verbunden ist. Zum Glück haben wir einen hervorragenden und flinken Rechtsbeistand, der an dieser Stelle herzlich gegrüßt sei.

Dann sind da die Zuschriften unserer Unterstützer*innen, welche uns extrem rechte Propaganda schicken, die sie entweder zuvor selbst im Briefkasten hatten oder die sie fein säuberlich von einem Laternenpfahl entfernt haben. Auch wenn der Inhalt dieser Propaganda alles andere als erfreulich ist, danken wir an dieser Stelle allen, die sich die Mühe machen, uns dieses Material zu schicken. Wir sind auf genau diese Zuschriften angewiesen, da wir schlicht nicht überall zur gleichen Zeit sein können. Das Material wird in unseren Bestand eingepflegt und liefert langfristig eine wichtige Grundlage für unsere Recherchen oder die unserer Archivnutzer*innen. 2016 schafften es sogar einige Aufkleber aus unserem Bestand in die Sonderausstellung »Angezettelt. Antisemitische und rassistische Aufkleber von 1880 bis heute« des Deutschen Historischen Museums.

Gerade im Superwahljahr 2021 rufen wir noch einmal verstärkt dazu auf, uns Propagandamaterial extrem rechter Parteien zu schicken. Also: Nicht gleich alles in die Tonne hauen!

Doch wir archivieren nicht nur Material der extremen Rechten, sondern verstehen uns auch als Archiv der antifaschistischen Bewegung (welche in diesem Jahr immerhin 100 Jahre alt wird). Leider haben wir in den letzten Jahren deutlich weniger Material aus diesem Bereich bekommen. Wenn ihr also eigene Broschüren erstellt oder in einem Karton noch Plakate und Flyer eurer vergangenen Veranstaltungen habt, schickt sie uns gern zu. Sie sind wichtige Bestandteile der Geschichte der eigenen Bewegung und von elementarer Bedeutung, möchte man gesellschaftliche Debatten auch abseits von offiziellem Schriftgut nachvollziehen. 2018 konnten wir verschiedene Exemplare für eine Plakatausstellung beisteuern, die von den Neuköllner Buchläden gegen Rechtspopulismus und Rassismus veranstaltet wurde.

Auch in unsere Ausstellung »Immer wieder? Extreme Rechte und Gegenwehr seit 1945«, die wir gemeinsam mit dem Aktiven Museum erarbeitet haben, sind antifaschistische Plakate und Flyer aus unserem Bestand eingeflossen.

Hin und wieder erreichen uns jedoch auch Zuschriften, die uns einfach nur »Alles Gute« wünschen oder sich für unsere Arbeit bedanken. Es dürfte wenig überraschen, dass wir uns bei all der Nazi-Propaganda, die uns täglich umgibt, hierüber besonders freuen. 2016 erreichte uns anlässlich unseres 25. Archivgeburtstages ein besonders schönes Exemplar, welches seither einen Ehrenplatz in einem der Bücherregale unseres Lesebereichs einnimmt. Die Karte zeigt das Foto eines Graffitos mit der kongenialen Losung: »Gott schütze die autonome Antifa«. Auch nach fünf Jahren der regelmäßigen Betrachtung lässt uns die Karte immer wieder schmunzeln.