Foto: Paul Hanewacker

Mit Holzkreuz und Reichsfahne

»Wenn Personen aus Kirchen oder Parteien, welcher Couleur auch immer, am Marsch für das Leben teilnehmen, ist das ihr demokratisches Recht, das wir ihnen nicht nehmen dürfen.« So die Vorsitzende des Bundesverbandes Lebensrecht (BVL), Alexandra Linder, in einem aktuellen Kommentar in idea Spektrum. Ob sie es darauf ankommen lässt, sich dieses Wochenende gemeinsam mit einem Neonazi ablichten zu lassen, nur weil dieser ein Kreuz trägt?

Eher selten verlaufen sich bekannte Aktivist*innen der neonazistischen Szene auf Veranstaltungen der »Lebensschutz«-Bewegung. Doch der 48-jährige Ralf Löhnert ist sowohl auf dem vom BVL ausgerichteten »Marsch für das Leben« in Berlin oft in den ersten Reihen zu sehen als auch auf dem Gedenkmarsch für den Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß 2017 und 2018 in Berlin oder wenn Freiheit für die verurteilte Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck gefordert wird.

Heß-Marsch 2017: Ralf Löhnert an der Spitze des Demonstrationszuges (4. von rechts) Foto: Christian-Ditsch.de

Im Mai diesen Jahres war der auffällige Mann mit Rauschebart, oft mit Preußenkrone und Kreuz am Revers und einem selbst gebastelten Kreuz in der Hand unterwegs, selber wegen Volksverhetzung verurteilt worden[1]. Löhnert hatte auf seinen Facebook-Seiten den Holocaust geleugnet, so befand das Amtsgericht Hannover, und entschied auf zehn Monate Haft auf Bewährung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Während des Prozesses war auch die krude Weltsicht des Mannes deutlich geworden. Bereits 2013 war er für das Zeigen des Hitlergrußes verurteilt worden, sein nach oben gereckter Arm müsse jedoch, so der Angeklagte im Gericht, als Verweis auf Gott im Himmel interpretiert werden. In der vor Gericht verlesenen Akte des Staatsschutzes wurde er als »rechtsextremistisch« bezeichnet.

In einem Interview[2] mit dem sachsen-anhaltinischen AfD-Landtagsabgeordneten Hans-Thomas Tillschneider im Februar 2018 bezeichnete sich Löhnert, der nach eigenen Angaben eine »Missionsgesellschaft Apostolischer Lehrer« in Wittenberge plant, als Diakon. Auf dem zweiten Bildungsweg sei er Diplom-Religionspädagoge geworden, von ihm sind Anstellungen bei Kirchengemeinden bei Hannover zumindest bis ins Jahr 2009 bekannt. Ob er jemals wieder in den kirchlichen Dienst aufgenommen wird, dürfte bei seinen Tiraden gegen die Amtskirche fraglich sein.

Ralf Löhnert (rechts mit Kreuz) an der Spitzes des »Marschs für das Leben« 2014. Foto: Frank Metzger / apabiz

Antifaschistische Gruppen kennen den aus Wedekind stammenden Ralf Löhnert seit den frühen 1990er Jahren. Damals tauchte er im Umfeld der 1995 verbotenen, neonazistischen »Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei« (FAP) auf, bereits 1992 habe er versucht, an einem Heß-Gedenken, damals in Rudolstadt, teil zu nehmen, so eine antifaschistische Webseite.

 

  1.  Vgl. u.a. http://www.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/Uebersicht/Hannover-Zehn-Monate-Haft-fuer-Herunterspielen-des-Holocausts
  2.  Vgl. https://www.youtube.com/watch?v=LFlkpnz8Ncw