Medienschau: Identitäre Bewegung – Die Scheinriesen

Sie wollen als neue Jugendbewegung erscheinen. Deswegen reist ein kleines Grüppchen Identitärer durchs Land – und versucht seine rechtsextreme Herkunft zu verschleiern.

In einem Dorf bei Erlangen weht hinter dem Fahrradstellplatz im Garten eines Siedlungshauses eine Deutschland-Fahne. Am Briefkasten klebt unter dem Schild „Keine Werbung“ ein schwarzes Lambda: das Symbol der Identitären Bewegung. Hier wohnt Nils Altmieks. Er hat den deutschen Ableger des Vereins gegründet, der sich als „Europas am schnellsten wachsende Jugendbewegung“ feiert.

Ein struppiger Familienhund wedelt um seine Beine, als der 30 Jahre alte Bauingenieur auf die Hofeinfahrt tritt. Altmieks bittet nach drinnen, die Treppe hinauf in den ersten Stock des Zweifamilienhauses. Das Wohnzimmer ist liebevoll dekoriert mit Zierkissen, Kletterpflanzen und Identitären-Abzeichen. Ein Lambda baumelt am Wandspiegel, selbst der Spritzschutz hinter dem Herd der offenen Küche ist mit dem Symbol geschmückt. In einer Holzwiege schläft die Tochter, der junge Vater ist gerade in Elternzeit. „Wir sind ganz normale Familien und Jugendliche“, sagt Altmieks. Er wirkt erfreut, von seiner politischen Arbeit erzählen zu können.

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Wer sind „die Identitären“?

In den vergangenen Monaten hat ZEIT ONLINE öffentlich verfügbares Bildmaterial der wichtigsten Identitären-Aktionen ausgewertet und mit den Ermittlungen von Sicherheitsbehörden abgeglichen. Die Recherche führte über Erlangen nach Rostock, wo der Identitären-Funktionär Daniel Fiß ein Zentrum der jungen Organisation schaffen will, und weiter nach Sachsen-Anhalt und ins österreichische Linz zu Auftritten des einflussreichen Identitären-Vordenkers Götz Kubitschek. Geleakte interne Kommunikation, Informationen von Aussteigern, geheime Handlungsleitfäden und Archivrecherchen machen es möglich, die politischen Wurzeln führender Aktivisten und die Strategien ihrer Gruppe zu verstehen.

Mehr: Die Zeit vom 26.04.2017