Im Geiste Hayeks

Rechte MarktfundamentalistInnen sammeln sich in der AfD

Auch in der Bundesrepublik existiert eine marktradikale Strömung, die sich an den Thesen des verstorbenen Wirtschaftsnobelpreisträgers Friedrich August von Hayek (1899-1992) orientiert. Solcherart Hayek-Fans prägen das wirtschaftliche Programm der AfD.

von Lucius Teidelbaum

In seiner Grundthese nimmt Hayek an, Staatsversagen und nicht Marktversagen sei das zentrale volkwirtschaftliche Problem. Deswegen lehnte er staatliche Interventionen in die Wirtschaft ab und fordert Vertrauen auf die Selbstregulierungskräfte des Marktes. Eine Marktregulierung würde laut Hayek zum Verlust der Freiheit führen, wobei Hayek politische und wirtschaftliche Freiheit untrennbar miteinander verband. Für Hayek wurzelte daher staatliche Gewaltherrschaft vor allem in einer sozialistischen Planwirtschaft. So behauptete Hayek auch der Nationalsozialismus sei ein ›Sozialismus‹ gewesen und begründete das mit dem Staatsdirigismus im NS, ignorierte dabei aber die spezifischen politischen Inhalte. Um die Freiheit zu bewahren, müsse somit laut Hayek das Ziel ein ultraliberaler Laissez-faire Staat sein.

Hayek-Fangruppen in der Bundesrepublik

Die VertreterInnen einer nichtsozialen Marktwirtschaft nach Hayeks Ideen bilden ein eigenes Netzwerk, was an bestimmten Stellen Berührungspunkte und Überschneidungen zu Teilen der extremen Rechten aufweist. Da die Wirtschaftsvorstellungen Hayeks elitär und sozialdarwinistisch geprägt sind, existieren hier Gemeinsamkeiten mit der Neuen Rechten. Manche sprechen auch von den Marktradikalen als »rechtslibertärer Flügel der Neuen Rechten«. Gemeinsame Bezugspunkte bestehen auch in dem rechten Feindbild »Politische Korrektheit«, welches als »Meinungsverbot« und »Tugendterror« interpretiert wird. So referierte am 11. Juni 2014 Thilo Sarrazin (SPD) in Berlin im Clubbüro der Hayek-Stiftung über sein neues Buch »Tugendterror«.

Diese Stiftung ist ein Teil des Netzwerkes von organisierten Hayek-Fans. Neben der Friedrich A. Hayek-Stiftung für eine freie Gesellschaft mit Sitz in Freiburg gehören dazu die Friedrich-August-von-Hayek-Gesellschaft mit Sitz in Berlin, die mehrere über den ganzen deutschsprachigen Raum verteilten regionalen Hayek-Gesprächskreise und -Clubs betreibt. Dazu kommt eine weitere Reihe von thinktanks wie das Ludwig-von-Mises-Institut mit Sitz in München, das Berlin Manhatten Institut in Berlin, die Wert der Freiheit gGmbH mit Sitz in Berlin oder das Hamburger Institut für Austrian Asset Management (IFAAM), welches die Roland Baader Auszeichnung vergibt. Roland Baader (1940-2012), war ein rechter Autor, der wie Hayek vor allem marktradikale Vorstellungen vertrat. Die in diesem Jahr erstmals vergebene Auszeichnung ging an Dr. Bruno Bandulet aus Bad Kissingen, einen nationalistischen Euro-Kritiker. Bandulet schreibt für die Junge Freiheit und hat in dem rechten, marktradikalen Monatsmagazin eigentümlich frei eine Kolumne. Auch er ist Mitglied der Friedrich-August-von-Hayek-Gesellschaft, zudem ist er Unterstützer der Alternative für Deutschland (AfD).
Einige Marktradikale, darunter auch solche Hayekscher Prägung, versammeln sich als Liberaler Aufbruch um den Eurokritiker und FDP-Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler. Auch dieser schreibt für eigentümlich frei und ist Mitglied der Hayek-Gesellschaft. Schäffler gründete unlängst zusammen mit Thomas Mayer, dem ehemaligen Chefvolkswirt der Deutschen Bank, mit Prometheus – Das Freiheitsinstitut eine eigene Denkfabrik.

Hayek-Fans prägen die AfD

Eine ganze Reihe von AfD-FunktionärInnen des in den Medien gerne als »liberal« betitelten Flügels scheinen sich an die Vorstellungen von Hayek anzulehnen. So ist der AfD-Europaabgeordnete Hans-Olaf Henkel Mitglied der Friedrich-August-von-Hayek-Gesellschaft. Der AfD-Europaabgeordnete und emeritierte VWL-Professor Joachim Starbatty orientiert sich ebenso an Hayek. Auch Parteichef Bernd Lucke, ebenfalls ein VWL-Professor, tritt für eine marktradikale Agenda ein. Roland Vaubel, gleichfalls VWL-Professor, ist nicht nur Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der AfD und der Hayek-Gesellschaft, sondern stellte auch Überlegungen an, der »Unterschicht« das passive Wahlrecht zu entziehen.
An Hayek orientierte Ökonomen prägen das wirtschaftliche Programm in der AfD. Dieses bezeichnet das gewerkschaftliche Autoren-Duo David Bebnowski und Lisa Julika Förster in einer kritischen Analyse treffend mit dem Wort »Wettbewerbspopulismus«. Dabei geht es einerseits um die wohlstandschauvinistische Verteidigung der nationalen und individuellen Etabliertenvorrechte im Rahmen eines freien Marktes und andererseits um die Ablehnung von Regulierungs-Konzepten in der Wirtschaft. Im Europawahl-Programm schlug sich das u.a. in der Ablehnung eines Mindestlohns nieder. Die AfD bietet als Sammlungsbewegung offenbar auch einer an Hayek und Co. orientierten nationalliberalen Neuen Rechten eine neue Heimat.