Aktionsbüro Mittelrhein-Prozess geplatzt

Koblenz • Der Prozess gegen die mutmaßlichen Mitglieder des Aktionsbüros Mittelrhein ist geplatzt. Ende Mai gab das Landgericht Koblenz bekannt, dass das Verfahren nach 337 Verhandlungstagen endgültig eingestellt wird. Begründung ist die überlange Verfahrensdauer. Die Angeklagten kommen damit ohne Strafe davon. Bereits in den letzten Monaten hatte sich abgezeichnet, dass der Prozess nicht mehr abgeschlossen werden kann, da der Vorsitzende Richter Mitte des Jahres in den Ruhestand geht, kein Ersatz zur Verfügung steht und ein Ende nicht in Sicht ist. Damit hätte der Prozess neu beginnen müssen.

In Koblenz wurde gegen zuletzt 17 Angeklagte verhandelt. Bei der Eröffnung des Prozesses im August 2012 hatte die Staatsanwaltschaft die Neonazis aus Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen wegen Bildung und Unterstützung einer kriminellen Vereinigung, Körperverletzung, Sachbeschädigung, Volksverhetzung sowie Landfriedensbruch und anderer Delikte angeklagt. Unterstützt von Teilen der Verteidigung, unter der sich zahlreiche Jurist_innen aus der Szene befanden, schafften es die Anfangs 26 Angeklagten das Verfahren zu torpedieren und derart in die Länge zu ziehen, dass es nun kein Urteil mehr geben wird. Das Gericht hatte das Verfahren immer weniger im Griff, das Klima im Gerichtssaal wurde von den Angeklagten bestimmt. Zeug_innen und Prozessbeobachter_innen wurden im Gericht unter Druck gesetzt, zahlreiche Prozesstage fielen aus, weil sich Angeklagte abwechselnd krank meldeten. Regelmäßig konnte der Prozess erst später beginnen, da Prozessbeteiligte fehlten, zwei Prozesstage mussten aufgrund von Buttersäure-Anschlägen abgebrochen werden. Über 500 Befangenheitsanträge wurden gegen das Gericht gestellt.

Die rheinland-pfälzische Justiz hat sich mit dem Verfahren vollkommen übernommen. Unter dem Eindruck des Auffliegens des NSU wollte die Staatsanwaltschaft Härte und Handlungsfähigkeit demonstrieren, nachdem Staatsschutz und Justiz jahrelang das Treiben des Aktionsbüros Mittelrhein ignoriert hatten. Im März 2012 stürmte die Polizei schließlich das »Braune Haus« in Bad Neuenahr-Ahrweiler und nahm 24 Neonazis in Untersuchungshaft.