Hogesa-Vorbild aus Großbritannien: English Defence League

Die English Defence League (EDL), die inzwischen an Zugkraft verloren hat, ist eine rassistische Bande, deren Hauptaktivität antimuslimischer Straßenprotest ist. Sie behauptet, lediglich Islamismus zu bekämpfen, zielt aber gegen die gesamte muslimische Community. Ihre Proteste – meist in Gegenden mit einem hohen muslimischen Bevölkerungsanteil – enden in Gewalt (vorrangig gegen die Polizei) und Sachbeschädigungen und versuchen, an eine gesellschaftlich weiter verbreitete antimuslimische Stimmung anzuschließen.

Die EDL trat erstmals im März 2009 als loses Netzwerk von Fußballhooligans in Erscheinung bei einem Aufmarsch in Luton, als Reaktion auf eine Protestaktion von Islamisten bei einer Militärparade.

Zeitweise hatte die EDL landesweit tausende Anhänger und entwickelte sich von einem losen, nur in virtuellen sozialen Netzwerken existierenden Bündnis, zu einer »Organisation« mit landesweiten, regionalen und lokalen Strukturen. Zwischen 2009 und 2011 gelang es der EDL wiederholt in verschiedenen Städten, die Kommunalpolitik und –behörden mit ihren Forderungen so unter Druck zu setzen, dass ihnen Aufmärsche mit bis zu 3000 Anhängern möglich wurden.

Der Stern der EDL begann erst zu sinken, als der rassistische Massenmörder Anders Breivik aus Norwegen betonte, die EDL hätte ihn zu seinen Taten inspiriert. Auch von etlichen hochrangigen EDL-Aktivisten sind Aussagen dokumentiert, in denen sie die Taten von Breivik – er ermordete 77 Menschen, darunter zahlreich Teenager – gut hießen.

Von EDL-Anführer Stephen Lennon (alias Tommy Robinson) tauchten Filmaufnahmen auf, in denen er seine Bewunderung für den Mörder ausdrückte. Nachdem durch diese und andere Enthüllungen die Behauptung der EDL, sie sei weder faschistisch noch rassistisch, unglaubwürdig wurden, kam es zu einem Verlust an Dynamik und zu Spaltungen. Einer der folgenreichsten Vorwürfe war dabei die Pädophilie eines anderen EDL-Gründungsmitglieds.

Im September 2012 erlitt die EDL eine massive Niederlage, als die Proteste der lokalen Bevölkerung ihren Aufmarsch in Walthamstow (Ost-London) verhinderten. Infolgedessen zogen sich viele Aktivisten aus ihren Gruppen zurück oder verließen gar die EDL.

Lennon und sein Cousin und enger Vertrauter, Kevin Carroll, stammen beide aus Luton. Im Januar 2013 wurde Lennon wegen »Besitzes falscher Ausweisdokumente mit Betrugsabsicht« zu einer zehnmonatigen Haftstrafe verurteilt. Lennon hatte Ende 2012 einen gefälschten Pass benutzt, um in die USA einzureisen.

Er hat eine Reihe von Vorstrafen, darunter einige wegen Gewalttaten im Fußball-Kontext. Die EDL ist eine Organisation, in der es keinen offiziellen Mitgliedsstatus gibt. Dennoch können etwa 700 Straftaten direkt der EDL und ihrem Umfeld zugerechnet werden. Dazu zählen unter anderem Brandanschläge und sogar Mord. Von solchen Taten distanziert sich die EDL öffentlich in der Regel sehr schnell.

Die EDL-Demonstrationen schrumpften, auch nach Lennons Entlassung aus dem Gefängnis, auf Versammlungen von wenigen Dutzend, häufig volltrunkener Krimineller zusammen. Den Mord am Soldaten Lee Rigby in Woolwich (Süd-London) durch Muslime im Mai 2013 versuchte Lennon erfolglos als Kampagnenthema zu nutzen, um die EDL neu aufzubauen.

Zurzeit gibt es landesweit noch 300 bis 500 Personen, die sich aktiv bei EDL-Aktionen einbringen. Als sich Lennon und Carroll im Oktober 2013 überraschenderweise aus der Organisation zurückzogen, rechneten viele damit, dass die EDL sich allmählich komplett auflösen würde. Das ist bislang nicht passiert. Allerdings haben sich viele ihrer »Divisionen« nacheinander von der Hauptorganisation, die von einem Komitee aus Einzelpersonen geführt wird, für unabhängig erklärt.
Die effektivsten Kampagnen gegen die EDL waren bislang stets jene, die sich auf eine starke lokale Verankerung stützen konnten: Erfolg gab es da, wo die Bevölkerung trotz politischer und religiöser Unterschiede zusammenfand und sich friedlich den EDL-Versuchen, das Zusammenleben zu stören, entgegenstellte.

Graeme Atkinson