Vermummung gegenüber Nazis erlaubt

Erneuter Freispruch: Vermummung vor Nazi-Fotografen auch in Berlin erlaubt

Auch der zweite Prozess vor dem Amtsgericht Berlin-Tiergarten wegen eines angeblichen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz (§ 17 a Abs. 2 Nr. 1) endete für eine Berliner Studentin mit einem glatten Freispruch. Die Angeklagte hatte sich am 1. Mai 2004 während einer Demonstration gegen einen NPD-Aufmarsch in Berlin-Lichtenberg mit einem Halstuch und einer Kapuze unkenntlich gemacht.

Damit folgte ein weiteres Mal ein Richter der Argumentation, dass die Vermummung zum Schutz vor fotografierenden Rechtsextremisten keine Straftat darstellt. Schon am 15. August war ein Düsseldorfer Antifaschist in einem ähnlichen Fall freigesprochen worden.

Beide Gerichte äußerten sich übereinstimmend, dass eine verbotene Vermummung auf Versammlungen nicht vorliege, wenn sich die DemonstrantInnen nur vor Naziaktivitäten schützen wollen. In beiden Fällen konnten die Angeklagten deutlich machen, dass sie eine Vermummung ausschließlich gegenüber den fotografierenden Rechtsextremisten angelegt hatten. Für Polizeikräfte waren sie jederzeit identifizierbar.

Der Richter am Berliner Amtsgericht Schmidt äußerte sich in der Urteilsbegründung dahin gehend, dass der Paragraf 17a des Versammlungsgesetzes, auf den sich die Staatsanwaltschaft gestützt hatte, einzig die Identifizierbarkeit von DemonstrantInnen sicher stellen soll. Die Angeklagte hatte sich über Stunden unvermummt in einem Polizeikessel aufgehalten. Dort wurde sie durchgehend von der Polizei gefilmt und fotografiert. Eine Feststellung ihrer Identität durch die Sicherheitskräfte wäre demnach ohne weiteres möglich gewesen.

In einer Prozesserklärung äußerte sich die Angeklagte: „Die jeweils kurze Zeit der Vermummung folgte ausnahmslos aus meiner Angst, in meinem Alltag rechtsextremistischer Gewalt ausgesetzt zu werden, bloß weil ich am ersten Mai gegen den NPD-Aufmarsch auf die Strasse gegangen bin.“

Bereits im ersten Prozess am 21. April 2005 hatte das Amtsgericht Berlin die junge Frau freigesprochen. Siehe unsere erste Presseerklärung unter:
[http://www.apabiz.de/publikation/pressemitteilungen/220405_PMVermummung.htm]
Nach einer Sprungrevision hatte das Kammergericht am 15. Dezember 2006 das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und den Fall erneut an das Amtsgericht zurückverwiesen. Das heutige Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

PressevertreterInnen können sich bei weiteren Fragen an das apabiz wenden. Die Prozesserklärung der Freigesprochenen wird auf Nachfrage zugesandt.


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