Nationale Liste (NL)
Stand des Artikels: 1996
Gründung: 13. März 1989
Verbot: 24. Februar 1995
Sitz: Hamburg
Zahl der Mitglieder: ca. 30
Funktionäre: Thomas Wulff (Vorsitzender), Christian
Worch (erster Stellvertreter), Ursula Worch, Thomas Sauer
Struktur: Nach dem Verbot der Nationalen Sammlung entsteht
die Nationale Liste (NL) als regionale Gliederung der Gesinnungsgemeinschaft
der Neuen Front (GdNF) aus einem von Anhängern Michael Kühnens
dominierten Landesverband der Freiheitlichen Deutschen
Arbeiterpartei. Sie vereint nie mehr als 30-40 Aktivisten.
Aktivitäten: Seit 1989 bereitet die NL maßgeblich
die Rudolf Heß-Gedenkmärsche vor. Ab 1989 beteiligt sie sich
an der Aufbauarbeit für die Berliner Nationale Alternative.
Am 21. April 1990 stellt sie den Saalschutz bei der Veranstaltung von
Holocaustleugnern »Wahrheit macht frei« im Münchener
Löwenbräukeller. Am 20. Oktober nimmt sie an einem von Christian
Worch, Michael Kühnen, Gottfried Küssel und Rainer Sonntag angeführten
Aufmarsch in Dresden mit rund 500 Teilnehmern teil. Am 9. November 1991
ruft die NL zu einer von Worch geleiteten und von Thomas Dienel initiierten
Demonstration in Halle auf. Auf der Abschlußkundgebung spricht David
Irving. Im August 1992 findet in Hetendorf ein Ordnerlager für die
Rudolf Heß-Gedenkmärsche statt, im Oktober schließt sich
eine Wehrsportübung der NL im Landkreis Celle mit 20 Teilnehmern
an. Das Wunsiedel-Komitee unter Führung von Worch mobilisiert 1994
zur »Nationalen Aktionswoche« im August des Jahres. Bei Wahlen
zur Hamburger Bürgerschaft bekommt die NL 1991 und 1993 0,1 Prozent
bzw. 0,0 Prozent der Stimmen.
Periodika: Der Index, mit einer Auflage von 1.000 Exemplaren
(Eigenangabe), berichtet über Veranstaltungen und Demonstrationen
und enthält Kommentare und Kritiken über andere politische Gruppen.
Verantwortlich ist bis mindestens September 1991 Christian Worch, danach
Thomas Wulff. Im August 1992 erscheint eine Schwerpunktausgabe zum Thema
Anti-Antifa, es folgen ständige Anti-Antifa-Seiten: »Es geht
uns darum, möglichst viele personenbezogene Daten über die antifaschistischen
Gewalttäter sowie deren Unterstützer bis hin ins bürgerliche
Lager zu sammeln und abrufbar zu dokumentieren«.
Programmatik: Die NL orientiert sich in jeder Hinsicht
an den Vorgaben der GdNF. Sie will als Wahlpartei den legalen Rahmen bilden,
in dem Propaganda für die nationale Sache möglich ist. »Wir
sehen uns (...) als die Speerspitze, nicht als den ganzen Speer. Wir sind
gern Vorreiter, Avantgarde des Aktivismus (...) Wir machen für Dresden,
für Bayreuth, für Halle kein Copyright geltend.«[1]
In ihrem Programm findet sich vor allem ausländerfeindliche Propaganda:
»Die NL kämpft gegen die Überfremdung unseres Vaterlandes
(...) Insbesondere fordert sie hierzu (...) die sofortige Ausweisung aller
Ausländer, die sich illegal (...) hier aufhalten. (...) Sie fordert
femer die Loslösung von der EG zur Vermeidung eines weiteren Zuzugs
von Ausländern.«[2]
Zusammenarbeit: Der Versuch, eine Sächsische Nationale
Liste zu gründen, scheitert. Zur Gründung in Dresden kamen 25
Personen. Seit Sommer 1994 - bis zu ihrem Verbot - ist die NL im Thule-Netz
vertreten.
Bedeutung: Die NL erringt überregionale Ausstrahlung
durch ihren Organisator Christian Worch, der zur Spitze der GdNF gehört.
Ihre Hamburger Aktivitäten sind eher spärlich. Die Organisation
bundesweiter Demonstrationen und Veranstaltungen - vor allem die Vorbereitung
der jährlichen Rudolf Heß-Gedenkmärsche -, die Anti-Antifa-Kampagne
und die Herausgabe des Index, einer der wenigen regelmäßigen
Publikationen aus dem GdNF-Spektrum, wiesen der NL eine organisatorische
Führungsrolle im neofaschistischen Lager zu. Durch das Verbot der
NL und die Haftstrafe für Christian Worch sind die Aktivitäten
der Organisation zum Erliegen gekommen.
Autoren: Michael Bauerschmidt, Susanne Brandt, Ulli
Jentsch, Kurt Ohrowski
Quelle: Mecklenburg, Jens (Hg.): Handbuch Deutscher
Rechtsextremismus,
Berlin 1996, S.271f
Anmerkungen:
[1] Index Nr. 25, Januar 1992, S. 2f.
[2] Parteiprogramm der NL 1993.
Weitere Materialien:
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